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Mercosur - Was kommt da auf uns zu?

Veröffentlicht am 06. April 2023

Wir möchten Ihnen dieses Mal die wesentlichen Punkte aus dem aktuellen Mercosur-Entwurf vorstellen – Worum geht es? Welche Auswirkungen hat dieses Abkommen auf die österreichische Landwirtschaft und Gastronomie? Wie heizt die Teuerung dieses Thema noch mehr an! Wie spielt die Herkunftskennzeichnung in dieses Thema hinein? Und – was können wir tun?

Mercosur – Was kommt auf uns zu?

Seit 1999 verhandelt die EU mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) - so komplex und vielfältig sind die unterschiedlichen Anforderungen. Bricht man die Verhandlungspakete auf einzelne Branchen herunter, wären die europäische und damit auch österreichische Rindfleischproduktion sowie die nachgelagerten Bereiche einer der Hauptverlierer! Als Gegenleistung darf die europäische Automobil- und Pharma-Industrie in eben diese Länder liefern – Auto statt Rind!

Die Mercosur-Länder würden in Zukunft 15 – 20 % des Edelteilaufkommens bei Rindfleisch in der EU abdecken, das entspricht ca. 3,5 Mio. Rindern (vgl. In Österreich werden jährlich etwa 500.000 Rinder geschlachtet). Da auch Handelsabkommen mit anderen Ländern im europäischen Raum stehen, ist mit einem erhöhten Verdrängungswettbewerb am europäischen Markt zu rechnen. Dadurch würde es in Österreich zu einer Preisreduktion von ca. 20 % kommen. Für die heimischen Rinderbauern bedeutet das einen Rückgang des Erlöses um ca. 70 Mio. €. Viele österreichische Rinderbauern und -bäuerinnen wären dadurch existenziell bedroht.

Hohe Produktionsstandards – Ja, aber für alle!

Forderungen nach höheren Produktionsstandards und mehr Tierwohl werden in den Medien immer lauter. Höhere Standards spiegeln sich aber auch in die Produktionskosten wider. So haben typische Rinderbetriebe in Europa rund 30-50% höhere Produktionskosten als Betriebe in den Mercosur-Ländern.

Dies ist nicht nur auf die unterschiedlichen Größen der Produktionsbetriebe zurückzuführen, sondern auch auf maßgeblich höhere Produktionsstandards in Österreich. So ist z.B. in den Mercosur-Staaten eine Rückverfolgbarkeit bis zur Geburt des Rindes nicht zu 100% gewährleistet, da es keine ausreichende Regelung bei Tierkennzeichnungssystemen gibt.

Während in Österreich in der Rindermast ca. 90 % der eingesetzten Futtermittel aus hofeigener Produktion stammen, wird in den Feedlots anderer Länder flächenungebunden die Fertigfuttermast betrieben. Hier bleibt die Frage offen, wo im Zusammenhang mit den Mercosur-Staaten die Forderung nach höheren Produktionsstandards bleibt?

Zudem ist das Thema Nachhaltigkeit in Bezug auf Klimaschutz- und Entwaldungsbedenken (Regenwald) unbedingt in der Diskussion bzw.  Entscheidung mitzuberücksichtigen. Die Klimabilanz von Rindfleisch aus Südamerika unterscheidet sich wesentlich von jener der heimischen Produktion. Es stellt sich die Frage, wie dies mit beschlossenen EU-Klima- und Nachhaltigkeitszielen vereinbar ist? Auf der einen Seite soll die Landwirtschaft in Europa die Tierhaltung und Produktion zur Erreichung der Klimaziele verringern, auf der anderen Seite spielt das bei Importen keine Rolle?

Mit welchen Folgen müssen wir noch rechnen?

Was passiert, wenn sich die Rindermast in Österreich für den einzelnen Bauern nicht mehr rechnet? Die aktuelle Kostenspirale, angetrieben durch die hohe Teuerungsrate, beschert dem Landwirt stark gestiegene Futter- und Energiekosten, die Erlöse reichen oft nicht mehr aus. Immer mehr Rinderbauern stehen vor dem Aus, da sie von der Rinder-Produktion nicht mehr leben können.

Doch die Konsequenzen sind weitreichender als es auf den ersten Blick erscheint. Kommt es zu noch mehr Betriebsschließungen, gäbe es weniger Rindfleisch aus Österreich, der Rindfleisch-Konsum würde deshalb jedoch nicht im gleichen Ausmaß zurückgehen. Gerade durch die Corona-Krise wurde verdeutlicht, wie wichtig es ist, regional zu produzieren und nicht von Importen abzuhängen. Durch den Rückgang von Produktionsbetrieben würde sich der Selbstversorgungsgrad bei Rindfleisch in Österreich deutlich senken. Die Folgen sind absehbar.

Können Rinderbauern vor allem in den Berg- und Grünlandgebieten nicht überleben, würde das massive Konsequenzen für die österreichische Kulturlandschaft haben – ein Aspekt, der oft völlig übersehen wird. Durch die Landschaftspflege von Rindern erhalten die heimischen Almen und Bergregionen erst ihr charakteristisches Aussehen, das viele Österreich-Touristen anzieht. Grünlandflächen können generell nur über Rinder und Wiederkäuer bewirtschaftet werden. Würde dies wegfallen, wären die Auswirkungen auf den Tourismus sowie auf die österreichische Wirtschaft immens. Von diesen Konsequenzen wären wir alle betroffen.

Vorausblick ist gefragt – wir sitzen im gleichen Boot!

Der gesamte Tourismus und die Gastronomie wären mittel- bis langfristig von einem Rückgang der Touristen massiv betroffen.
Wie bereits erwähnt hätte das „Bauern-Sterben“ massive Auswirkungen auf den Selbstversorgungsgrad in Österreich. Während der Pandemie haben bereits viele Gastronom:innen auf österreichisches Qualitätsfleisch umgeschwenkt. Das beinhaltet nicht nur den Marketing-Aspekt, sich hier eindeutig zu positionieren und damit auch den Gast ein wenig „zu erziehen“, sondern auch den strategischen Weitblick, sich für die österreichische Produktion und Wirtschaftsleistung zu entscheiden.

Denn spielt man dieses Szenario weiter, ergibt sich folgendes ernüchterndes Resultat.
Wird in der Gastronomie vor allem über den Preis gekauft – was oftmals südamerikanische Ware bedeutet – so schwächt das die heimische und stärkt die südamerikanische Produktion. Betrachtet man die Preisentwicklung 2022 von Rindfleisch aus südamerikanischen Ländern, so zeigt sich, dass aufgrund der hohen Nachfrage in Asien der Preis immer wieder stark angestiegen ist – und letztlich punktuell höher war als der österreichische Preis. Sollte es in Österreich aufgrund der nicht mehr vorhandenen Produktionskapazitäten nur mehr weniger Rindfleisch geben, stärkt dies die Abhängigkeit von südamerikanischer Ware – mit dem Ergebnis, dass diese Abhängigkeit – wie immer im freien Wettbewerb – zu höheren Preisen führt.

Was können wir tun?

Wir setzen uns gemeinsam mit der gesamten Landwirtschafts-Branche intensiv für eine entsprechende Berücksichtigung bei den Verhandlungen des Mercosur-Abkommens ein.

Doch auch der/die einzelne Konsument:in und Gastwirt:in kann hier entscheidend mitgestalten und sich strategisch für österreichisches Qualitätsfleisch entscheiden – bewusst im Supermarkt zu Produkten mit AMA-Gütesiegel greifen, bewusst auf der Speisekarte österreichische Herkunft auszeichnen (als freiwillige Herkunftskennzeichnung bis hoffentlich bald die verpflichtende für den gesamten Außer-Haus-Verzehr kommt) und bewusst darauf hinweisen – Top-Qualität hat ihren Preis!

Daher greifen Sie bitte ruhigen Gewissens zu bestem österreichischem Rindfleisch!